Es fängt an nach dem Zweiten Weltkrieg in München, der nationalsozialistischen „Hauptstadt der Bewegung“. Dort sammelt sich eine Gruppe aus der katholischen Jugendbewegung um Traudl und Herbert Wallbrecher und den Priester Aloys Goergen. Sie fragen sich: Können wir nach Holocaust und Krieg einfach weitermachen, als wäre nichts geschehen? – Auschwitz verlangt eine Reform des christlichen Denkens, Lebens und Handelns.
Inmitten der Strömungen der Zeit in Kirche und Gesellschaft stoßen Künstler und Handwerker, Studenten und Familien dazu. Mit eigener Hand und eigenen finanziellen Mitteln bauen sie aus einer Berghütte ein Festhaus. Dort treffen sie sich zu den kirchlichen Festen – Ostern, Pfingsten, Weihnachten – studieren Schriftsteller, Philosophen, jüdische und evangelische Theologen, sie experimentieren mit neuen Liedern und eigenen Texten, spielen Stücke von Beckett und Sartre, suchen neue liturgische Formen. Alles wird in Frage gestellt. Die Kristallisation zu einer solchen Experimentier-Gemeinde führt natürlich auch zu Krisen. Und sie finden Neues und Ungewohntes: Dass das Christentum keine übliche Religion ist, sondern aufklärender Glaube, den wir dem Judentum verdanken – weil Jesus kein Christ war, sondern Jude.
Die Frage ‚Wie lässt sich das Christentum im Alltag leben?‘ ist keine theoretische. Ab 1964 beginnen sie in München Gottesdienste zu feiern, halten Seminare und schreiben und drucken eigene Veröffentlichungen. Sie kommen als Gruppe vom Berg in die Stadt – vom Fest in den Alltag. Einige Jahre lang geben sie die Zeitschrift ‚Die integrierte Gemeinde‘ heraus. Von ihr bekommt die Gruppe ihren Namen.
Sie finanzieren alles selbst und positionieren sich damit bewusst ‚außerhalb‘ der herkömmlichen kirchlichen Strukturen (Kirchensteuer, Pfarrzentren), um ihre Suche frei und unabhängig verfolgen zu können: Ganz weltlich und zugleich ganz gottgehörig leben und handeln – wie geht das zusammen?
1978 erkennt die katholische Kirche die Integrierte Gemeinde durch die Kardinäle Joseph Ratzinger von München und Freising und Johannes Joachim Degenhardt von Paderborn rechtlich an.